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Film Rubén - Fragmente aus dem Exil




Dokumentarfilm Format Digital HDV /DCP, 52 min, Schweiz 2014

Sprache: Spanisch - Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch

Drehorte: Kanton Zürich, Kanton St. Gallen

Archivmaterial: Argentinien

Drehzeit: 2013-2014

Idee und Regie: Eva Danzl

Produktion: Eva Danzl, Márcio Jerônimo

Kamera: Patricia Fiori, Márcio Jerônimo

Schnitt/Postproduktion: Márcio Jerônimo, Eva Danzl

Grafik und Website: Thais Aguiar Zeller

Sounddesign: Peter Bräker

Supervision: Gitta Gsell & Anna-Lydia Florin

DCP by Cinéma Copain, Zürich


Synopsis

Der 60 jährige Rubén aus Argentinien arbeitet seit über 20 Jahren im botanischen Garten Zürichs. 1976 hatten ihn die Schergen der Militärdiktatur entführt, zwei Jahre unter Folter inhaftiert, bis er 1978 nach Spanien expatriiert wurde und 1982 durch eine Liebesgeschichte in der Schweiz landete: sein Exilland bis heute.

Rubén erzählt über seine Zeit in klandestinen Gefängnissen und sein Gefühl, ständig zu überleben, auch im Exilland Schweiz. Alles sei Überleben, das Gefühl, immer wieder von Null an sein Leben beginnen zu müssen, sei stets gegenwärtig.

Dem gegenüber steht sein Arbeitsalltag im botanischen Garten, das systematische Erfassen von Herbarien, das seiner inneren Rastlosigkeit Ruhe ermöglicht. Aber die Folter ist immer da, irgendein Ereignis kann ihn aus dem Nichts mit dem damaligen Gefühl der absoluten Ohnmacht und Schreckens überwältigen.


Genauso wie man sich an die Folter gewöhne, genauso wenig könne man sich jemals von ihr lösen, sagt Rubén. Gerade deshalb kämpft er noch heute für Sühne und Gerechtigkeit als Zeuge in den Prozessen gegen die Verantwortlichen der Militärdiktatur.

Seinem Leben in der Schweiz hingegen steht Rubén mit gemischten Gefühlen gegenüber. Die Tatsache hier leben zu können, sein Zuhause, der Balkon mit Blick auf eine Wiese mit Schafen, die Spaziergänge durch die Stadt und Gärten Zürichs sind ihm vertraut geworden. Doch Rubén hat bis heute das Gefühl in der Schweiz ein von aussen Gekommener zu bleiben, nicht wirklich dazu zu gehören. Seine Dankbarkeit dem Exilland gegenüber war genehm, sein kritischer Blick jedoch weniger.

Dokumentation eines Exillebens

Rubén und der botanische Garten handelt von einem Film über ein Leben im Exil – keine freiwillige Migration, sondern die nicht geplante Migration eines politisch Verfolgten. Das Leben im Exil bedeutet immer auch Schmerz, Ausgeliefertsein, nicht dazu gehören.

Und doch gibt es auch andere Seiten im Exil: Neue Freundschaften, ein neues Umfeld, eine Pfeife mit wohlriechendem Tabak, ein guter Wein...

Das Leben draussen, ein Grill unter Freunden war damals im Verlies ein wiederkehrendes Thema, etwas, worüber die Gefangenen nachts mit einander sprachen, als sie vor Hunger und Kälte warteten und einander unterstützten, wenn sie von der Folter zerschunden zurück in die Zelle geworfen wurden, ohne zu wissen, ob dieser Albtraum jemals ein Ende hat, ob es ein Überleben gibt.

Der Film legt den Fokus auf Rubéns Exilgeschichte, seine immer wieder ungewollt aufkommenden traumatischen Erinnerungen an die Zeit in den klandestinen Gefängnissen und seine verinnerlichte Verpflichtung im Exil, als Zeuge in den Prozessen gegen die Verantwortlichen der Militärdiktatur auszusagen.

Ebenso wird ein Blick auf seinen Alltag gelegt, seine Arbeit im abgeschlossenen Archiv, seine Pausen im botanischen Garten, wie er sinnierend seine Pfeife inmitten der Bäume geniesst.

Rubén schrieb schon als junger Mann und veröffentlichte später im Exil 1980 sein Buch „Manana sera otro dia“ (Morgen ist ein anderer Tag). Gesprochene Ausschnitte aus diesem Buch wiedergeben Rubens Erinnerungen an die Zeit in Gefangenschaft und zeigen, wie sie sein Leben letztendlich noch heute – vielleicht unausweichlich - seinen Alltag bestimmen.

Rubéns erster Ort in der Schweiz war das Sarganserland, wohin die Liebe ihn geführt hatte. Dort fand er ein neues Zuhause im Kreis der Regionalgruppe Amnesty International. Er habe gehofft, dass das gemächliche Landleben ihm, dem Grossstadtmenschen, die Möglichkeit zu einem wirklichen Neuanfang geben würde. Aber es kam anders: Die schwierige Realität des Exils hatte ihn eingeholt, die Ehe zerbrach, Rubén wandte sich Zürich zu und fand eine Arbeit im Institut für systematische Botanik im botanischen Garten.

Die Erfahrung der nach wie vor fragilen Demokratie in Argentinien stärkte Rubéns inneren Beschluss, sich aktiv für Gerechtigkeit in seinem Land einzusetzen: er entschied sich dazu, in den Prozessen gegen die ehemaligen Folterer als Zeuge auszusagen. Sein Kampf für das „Nicht Vergessen“ ist zu seinem Lebensinhalt in den über 30 Jahren Exil geworden

Der Film zeigt anhand der Geschichte Rubéns, was Exil für einen politisch Verfolgten wirklich bedeutet. In einer Zeit, in der Asylsuchende und Flüchtlinge immer mehr als Problem für die Nation, als Last für die hiesige Gesellschaft deklariert werden, soll die Perspektive eines Betroffenen aufgezeigt werden, stellvertretend für viele, die ihren Lebensmittelpunkt nicht aus Abenteuerlust verlassen haben, sondern um zu überleben. Der Film lässt bewusst nur Rubén selbst zu Wort kommen, ohne Kommentar von Freunden oder Fachpersonen. Dies soll ermöglichen, sich auf Rubéns Schicksal einzulassen und unsere Annahmen oder Urteile über Exilierte wie auch über unseren Umgang mit Menschen, die im Exil leben müssen, zu reflektieren.

Hintergrund

Argentinien erlebte in seiner jungen Geschichte als Nationalstaat unzählige Diktaturen – die der besonders grausamen Menschenrechtsverletzungen wegen berüchtigste Junta war die Militärherrschaft unter General Videla von 1976-1981 und General Bignone 1982-1983.

In dieser Zeitperiode wurden rund 30 000 Menschen entführt, viele von ihnen sind bis heute verschwunden. Eine der ungeheuerlichsten Methoden der Junta war die Entführten zuerst zu Tode zu foltern und in der Folge mit dem Flugzeug ins Meer zu werfen. Unzähligen schwangeren Opfern, die in klandestine Haftanstalten verschleppt wurden, wurden die Neugeborenen geraubt und regierungsnahen Familien illegal unter Fälschung der Identität übergeben. Man geht von etwa 500 betroffenen entführten Babys aus.

Die “Madres y Abuelas de la Plaza de Mayo“, Mütter und Grossmütter der Verschwundenen, kämpfen bereits seit Jahrzehnten um Gerechtigkeit, decken die Verbrechen der Militärdiktatur auf und zeigen heute noch die Folterknechte an, die nach dem Ende der Diktatur jahrelang unbehelligt ihren Status aufrecht erhalten konnten. Ihre Suche nach verschwundenen Kinder und Enkelkinder währt fort. Gemeinsam mit weiteren Zivilorganisationen erreichten sie, dass ein Teil der Verantwortlichen vor Gericht gezogen wurden und noch werden.

Im 2011 wurden der frühere Marine Kapitän Alfredo Astiz und 15 weitere Personen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Die Militärdiktatoren General Jorge Rafael Videla und Reynaldo Bignone, Haupt der Junta, wurden ebenso wegen mehreren schweren Straftaten gegen die Menschlichkeit zweimal zu lebenslanger Haft verurteilt.

Im letzten Gerichtsurteil im Juli 2012 anlässlich des Prozesses zu mehrfachen Babyraub wurde zudem gegen den Beschuldigten General Videla eine Gefängnisstrafe von 50 Jahren und Bignone zu 14 Jahren gesprochen.


Politische Gefangene in dieser Zeit hatten – sofern sie die Folter überlebten – entsprechend der argentinischen Konstitution zwei Optionen, dem Regime zu entfliehen: nach der Verschleppung und Folter durch Legalisierung als politische Gefangene ohne Anklage – sofern sie überlebten - oder Expatriierung.

Die Schweizer Flüchtlingspolitik stand den Flüchtlingen der Militärdiktaturen Lateinamerikas in den 70- er und 80- er Jahren deutlich weniger offen gegenüber als dem Flüchtlingsstrom aus den kommunistischen Ostblockländern. Erst der Widerstand innerhalb der Schweiz gegenüber der damaligen Flüchtlingspolitik führte unter anderem dazu, dass mehr Flüchtlinge insbesondere aus Chile in der Schweiz aufgenommen wurden.

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